Experteninterview mit Dr. Rouben Czwikla: Was hilft gegen Haarausfall?

Dr. med. Rouben Czwikla ist Experte für Haarausfall und mit seinem Wissen auf Instagram zum gefragten Medfluencer geworden. Im exklusiven Interview beantwortet er uns spannende Fragen zum Thema Haarverlust und was wirklich hilft.

Männliches Model mit braunen Locken greift sich in sein Haar und zeigt sein Seitenprofil

Hallo Rouben, wie bist du auf das Thema Haarausfall gekommen?

Das Thema Haarausfall ist mir verstärkt im persönlichen Umfeld begegnet. Familienmitglieder und Freunde waren betroffen und ich habe hautnah miterlebt, wie sehr Haarverlust nicht nur das äussere Erscheinungsbild, sondern auch das Selbstwertgefühl beeinflusst. Dadurch wurde ich für das Thema sensibilisiert. In meiner medizinischen Laufbahn habe ich mich dann gezielt auf die Diagnostik der Alopezie, moderne Haarausfallbehandlungen und Haartransplantationen spezialisiert, um Betroffenen eine wirksame Unterstützung anbieten zu können. Was mich besonders antreibt, ist die Tatsache, dass viele Menschen still leiden und sich schämen, über Haarverlust zu sprechen oder gar einen Arzt für Haarausfall zu konsultieren. Es ist mir daher ein persönliches Anliegen, Aufklärung zu leisten und Antworten auf wichtige Fragen zu liefern: Welche Ursachen hat Haarausfall? Wie viel Haarverlust ist normal und wie lässt sich Haarverlust stoppen oder zumindest verlangsamen?

Warum sollte man deiner Meinung nach offen über Haarausfall sprechen?

Haarausfall ist ein Thema, das erstaunlich viele Menschen betrifft. Sowohl Männer leiden unter Haarverlust als auch Frauen. Trotzdem wird es häufig tabuisiert, weil es stark mit dem eigenen Selbstwertgefühl, der Attraktivität und sogar der persönlichen Identität verbunden ist. Wer plötzlich mit Haarverlust konfrontiert wird, versucht es zunächst zu kaschieren und vermeidet jedes Gespräch darüber. Dabei ist gerade der offene Austausch für viele Betroffene eine enorme Entlastung. Wenn wir Haarausfall als das benennen, was er ist – ein weit verbreitetes medizinisches und ästhetisches Thema – nehmen wir Betroffenen die Scham und können uns offen darüber austauschen, was Haarwuchsmittel wirklich bringen oder ob Haarausfall-Medikamente helfen können. Je unbefangener wir über Haarausfall sprechen, desto eher können wir auch die richtigen Schritte einleiten: Haarausfall-Ursachen abklären, Therapien anpassen und so verhindern, dass Haarverlust zur dauerhaften psychischen Belastung wird.

Welche Formen von Haarausfall gibt es und was sind die Unterschiede?

Es gibt verschiedene Formen von Haarausfall, die jeweils auf andere Ursachen zurückzuführen sind und auch einen individuellen Verlauf nehmen. Am häufigsten tritt der erblich bedingte, sogenannte androgenetische Haarverlust auf. Der Haarausfall beginnt meist am hinteren Oberkopf (Tonsur) und es bilden sich Geheimratsecken, die sich immer weiter ausdehnen. Die Haarausfall Ursache ist hier eine Überempfindlichkeit der Haarwurzeln gegenüber Dihydrostestosteron, einem Aubbauprodukt vom männlichen Geschlechtshormon Testosteron.

Daneben gibt es den diffusen Haarausfall, der oft durch psychischen Stress, hormonelle Veränderungen (Haarverlust nach der Geburt oder Schwangerschaft) oder einen Nährstoffmangel ausgelöst wird. Ein weiteres Krankheitsbild ist der kreisrunde Haarausfall, eine Form von Alopezie (med. Alopecia areata), die durch eine Autoimmunreaktion entsteht. Schliesslich kann Haarausfall auch durch ein bestimmtes Styling verursacht werden. Extension oder der beliebte Sleek-Zopf kann Haarausfall begünstigen, weil hier eine starke mechanische Belastung auf die Haare ausgeübt wird. Um ein wirksames Mittel gegen Haarausfall zu finden, müssen also zunächst die Ursachen abgeklärt werden, um bei der Behandlung gezielt dort ansetzen zu können.

Welchen Haarausfall-Mythen begegnest du am häufigsten in sozialen Medien?

Besonders in den sozialen Medien werden bestimmte Haar-Mythen verbreitet, die sich dann hartnäckig halten. Ein Klassiker: „Haarausfall entsteht beim Haare waschen, weil das Shampoo die Haare dünner macht“. Wer büschelweise Haarausfall nach dem Haarewaschen feststellt, hätte diese Haare so oder so verloren. Dass Kopfbedeckungen oder Schuppen Haarausfall auslösen, ist ebenso falsch wie der Mythos, dass regelmässiges Kämmen und Bürsten die Haare lichter werden lässt.

Schlichtweg falsch ist auch die Behauptung: „Nur ältere Menschen sind betroffen“. Gerade der erblich bedingte Haarausfall tritt oft schon in den frühen 20ern und 30ern auf. Auch das Geschlecht wird häufig als Grund angeführt, weil angeblich nur Männer unter einem erblich bedingten Haarausfall leiden. Frauen können durch hormonelle Veränderungen wie die Wechseljahre ebenso betroffen sein.

Ich lese auch immer wieder, dass Haarausfall durch eine falsche Ernährung verursacht wird oder auch Rauchen zu Haarausfall führt. Ja – Lebenswandel-Faktoren wie die Ernährung, Schlaf oder Stress beeinflussen das Haarwachstum, sind aber kein alleiniger einzelner Auslöser.

Was unterschätzen Betroffene am meisten, wenn es um Haarausfall geht?

Das ist ganz klar der Faktor Zeit. Viele Betroffene warten erst einmal ab, bevor Sie einen Arzt bei Haarausfall konsultieren. Je früher man reagiert, desto grösser sind die Chancen, den Haarverlust zu stoppen oder zumindest zu verlangsamen. Zudem wird ein Haarverlust häufig als kosmetisches Problem abgetan, obwohl es auch ein Symptom für gesundheitliche Probleme sein kann. Wer ohne Diagnose zur Selbstbehandlung greift, wendet häufig die falschen Mittel gegen Haarausfall an. Entsteht der Haarausfall beispielsweise durch einen Nährstoffmangel, dann wird auch das beste Anti-Haarverlust-Shampoo keine Wirkung zeigen.

Wie gehst du vor, wenn jemand zu dir kommt und über Haarausfall klagt? 

Zunächst führe ich mit den Betroffenen ein ausführliches Anamnese-Gespräch. Informationen über eine familiäre Vorbelastung, der Lebensstil in Bezug auf Ernährung, Rauchen oder Stress im Alltag sowie die Einnahme bestimmter Medikamente liefern mir wertvolle Hinweise über die Haarausfall-Ursachen.

Danach folgt die Untersuchung der Kopfhaut, bei Bedarf mit einer Trichoskopie, um den Zustand der Haarfollikel genauer zu beurteilen. Über einen Bluttest kann ich den Hormonspiegel und die Nährstoffwerte überprüfen, um beispielsweise konkret festzustellen, ob ein Zinkmangel den Haarverlust begünstigt oder der Haarverlust bei einer Frau vielleicht auf beginnende Wechseljahre zurückzuführen ist. Wir müssen die Haarausfall-Ursachen vor Beginn der Therapie klären, um keine Zeit für falsche Behandlungen zu verlieren.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es heutzutage?

Die gute Nachricht ist: Haarausfall muss niemand einfach hinnehmen, weil wir schon viele wirksame Behandlungswege kennen. Wirkstoffe wie Minoxidil oder Finasterid können als Medikamente bei Haarausfall helfen, müssen jedoch immer ärztlich begleitet werden. Bei einem fortgeschrittenen Haarausfall kann eine Haartransplantation helfen. Bei einer Eigenhaartransplantation, die heutzutage standarmässig mit der FUE-Technik durchgeführt wird, werden Haarfollikelgruppen (Grafts) aus dem Hinterkopfbereich entnommen und an die kahlen Stellen umverpflanzt um ein gleichmässiges Haarbild wiederherzustellen.

Daneben haben sich moderne Behandlungen etabliert, etwa die PRP-Therapie bei Haarausfall. Hier soll das Haarwachstum durch Eigenblutplasma stimuliert werden. Auch das Mikroneedling oder die Anwendung von Lasertherapien haben sich bewährt. Begleitend spielen auch Faktoren wie die Ernährung, Sport und ein gutes Stressmanagement eine grosse Rolle. Mir ist es bei all diesen Behandlungen wichtig, eine realistische Erwartungshaltung zu schaffen. Nicht jede Behandlungsmethode wirkt gleich stark bei allen Formen von Haarverlust, und auch nicht bei jedem Patienten schlägt eine Behandlung gleich gut oder schnell an.

Welche Rolle spielen Ernährung und ein gesunder Lebensstil? 

Ich hatte schon erwähnt, dass ein Nährstoffmangel wie ein Zinkmangel Haarausfall begünstigen kann. Entsprechend wichtig ist eine ausgewogene Ernährung mit Zink, ausreichend Vitaminen für die Haare wie Biotin, Vitamin D, Vitamin A, Vitamin C und Vitamin E sowie Eisen und Proteine. Genauso wichtig wie die Nährstoffe ist ein funktionierender Stoffwechsel. Ausreichend Schlaf, regelmässiger Sport und weniger Stress im Alltag fördern die Durchblutung der Kopfhaut und tragen zu einer gesunden Kopfhaut bei. Die Haarwurzeln werden dadurch besser mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt und werden dadurch gestärkt.

Wer raucht oder übermässig Alkohol konsumiert, belastet hingegen das Haarwachstum. Oft zeigt sich, dass eine angepasste Ernährung kombiniert mit Bewegung und Entspannung zusammen gute Voraussetzungen schafft, die Wirksamkeit medizinischer Therapien für kräftiges und gesundes Haar zu verbessern.

Wie läuft eigentlich eine Haartransplantation ab? Für wen ist sie geeignet?

Eine Haartransplantation kommt vor allem bei einem genetisch bedingten Haarausfall infrage, wenn noch genügend Spenderhaar am Hinterkopf vorhanden ist. Bei diesem ambulanten Eingriff werden einzelne Haarfollikel entnommen und an die kahlen Stellen verpflanzt. Der Eingriff ist dank guter Betäubungstechniken komplett schmerzfrei, erfordert jedoch im Anschluss einige Geduld. Zunächst kommt es nämlich zu einem vorübergehenden Haarausfall der transplantierten Haare nach der Transplantation, dem sogenannten Shock Loss. Erst nach einigen Wochen beginnt das neue Haar sichtbar zu wachsen. Oft dauert es 12-14 Monate, bis die Patienten dann das Endergebnis erreicht haben.

Insbesondere die heutzutage eher veraltete FUT-Technik der Haartransplantation ist mit bestimmten Risiken wie Infektionen und einer längeren Heilungszeit verbunden. Dabei wird ein kleiner Hautstreifen aus dem Hinterkopf entnommen, um daraus die Follikel zu gewinnen. An der Transplantationsstelle entstehen dann kleine Narben. Intensive Vorgespräche und eine gute Aufklärung sind im Vorfeld besonders wichtig.

Hast du ein paar Tipps, wie man psychisch mit Haarausfall umgehen kann?

Unsere Haare sind der Ausdruck unserer Persönlichkeit, ein Zeichen von Identität und Individualität. Über Frisuren, Farben und Stylings drücken wir aus, wer wir sind und wie wir uns fühlen. Deshalb trifft Haarausfall viele Menschen besonders hart. Die kahlen Stellen auf dem Kopf verändern nicht nur das äussere Erscheinungsbild, sondern auch den Selbstwert. Viele Betroffene ziehen sich zurück, weil sie sich weniger attraktiv oder „nicht mehr wie sie selbst“ fühlen. Mir ist es bei jeder Beratung und Behandlung wichtig, diese psychische Belastung ernst zu nehmen und ich ermutige alle Betroffenen, sich schnell eine professionelle Beratung zu suchen. Auch der Austausch in Communities kann helfen. Haarausfall betrifft immer den Körper und die Psyche gleichermassen. Umso wichtiger ist es mir auch als Arzt, die Behandlung bei Haarausfall nicht nur auf die körperliche Ebene zu beschränken, sondern sie auch emotional zu unterstützen. 

Was können Betroffene im Alltag tun, um Haarausfall zu mildern?

Es gibt im Alltag einige einfache Massnahmen, um einem Haarausfall vorzubeugen oder ihn abzumildern. Eine zentrale Rolle spielt die richtige Kopfhautpflege. Ein mildes Shampoo gegen Haarausfall reinigt die Haare schonend, ohne sie durch aggressive Inhaltsstoffe zusätzlich zu belasten. Zusätzlich kann auch ein gutes Anti-Haarausfall-Serum mit Wirkstoffen wie Aminexil und Niacinamid die Haarwurzeln stärken und die Wachstumsphase der Haare verlängern.

Als Haarausfall-Hausmittel haben sich aus regelmässige Massagen bewährt, die die Durchblutung fördern und so zu einer gesunden Kopfhaut beitragen.

Genauso wichtig ist ein bewusster Umgang mit Stress: Sport, Meditation oder andere Entspannungstechniken wirken sich positiv auf den Körper und die Haare aus, da Stress ein Auslöser für Haarausfall sein kann. Auch Routinekontrollen beim Arzt sind bei Haarausfall sinnvoll, um frühzeitig reagieren zu können.

Wichtig zu wissen: Es gibt saisonale Schwankungen, die kein Grund zur Panik sind. Ein Haarverlust von ca. 100 Haaren am Tag ist vollkommen normal und kann je nach Jahreszeit auch mehr oder weniger sein. Wer jedoch über längere Zeit einen deutlichen Haarverlust bemerkt, sollte die Ursachen abklären lassen.

Was denkst du: Wie entwickeln sich Haarausfall-Behandlungen in Zukunft?

Da von Haarausfall so viele Menschen sowohl körperlich als auch emotional betroffen sind, besteht ein grosses Interesse an der Forschung. Schon heute laufen Studien zu innovativen Stammzelltherapien, die das Potenzial haben, geschädigte Haarfollikel zu regenerieren und so den Haarverlust zu stoppen. Ein weiterer spannender Bereich ist die personalisierte Medizin: Durch genetische Analysen lässt sich künftig genauer vorhersagen, welche Therapie bei einem Haarverlust am besten wirkt.

Auch weniger invasive Verfahren gewinnen an Bedeutung. Dazu gehören kombinierte Verfahren, bei denen sich mehrere Methoden wie die PRP-Behandlung oder das Mikroneedling gegenseitig verstärken.

Die Digitalisierung spielt schon heute eine wichtige Rolle. Über Apps werden trichoskopische Verlaufskontrollen leichter, die es den Betroffenen ermöglichen, die Fortschritte ihrer Haarausfall-Behandlung engmaschig zu verfolgen. Ärzte können die Haarausfall-Therapien auf dieser Basis noch besser anpassen.

Welche Message möchtest du Menschen mit Haarausfall gerne mitgeben?

Meine wichtigste Botschaft an alle, die unter Haarausfall leiden, lautet: Ihr seid nicht allein. Millionen von Menschen sind betroffen, auch wenn viele ungern darüber sprechen. Die gute Nachricht ist, dass es heute deutlich mehr und wirksamere Behandlungsmöglichkeiten gibt als noch vor 10 oder 15 Jahren. Niemand ist dieser Situation also hilflos ausgeliefert oder muss sich gar zurückziehen. Entscheidend ist, frühzeitig zu handeln und die Ursachen für den Haarausfall abklären zu lassen, anstatt wertvolle Zeit zu verlieren. Mein Ratschlag an alle Betroffenen lautet: Nehmt Haarausfall nicht als unausweichliches Schicksal hin. Such dir Hilfe und schaffe damit die besten Voraussetzungen, sich noch lange über volles und kräftiges Haar freuen zu können.

 

Danke für das interessante Gespräch, Rouben! 

 

Veröffentlicht am 18.10.2025

VICHY Newsletter

EXKLUSIVE VORTEILE SICHERN

Erhalte zuerst kostenlose Infos und Experten-Tipps zu Hautpflege, Neuprodukten, Gewinnspielen & Community-Events

NEWSLETTER ABONNIEREN